Von den Anfängen des Turnsports bis heute wurden die Geräte stetig weiter entwickelt. Grundsätzlich gab es schon immer Geräte, die nur von Frauen bzw. nur von Männern beturnt wurden und Geräte, die beiden Geschlechtern zur Verfügung stehen.
Das Sprungpferd (linkes Bild) bzw. später der Sprungtisch (Bild rechts unten) ist eines der zwei Geräte, das sowohl von Frauen als auch von Männern beturnt wird. Bei diesen Geräten gab es sehr viele Veränderungen.In den Anfängen wurde das Sprungpferd längs und quer eingesetzt, je nach Art der Übung.
Durch die geringe Fläche war es schwierig, das Sprungpferd optimal zu treffen und die maximale Höhe aus dem geturnten Sprung heraus zu holen.
Beim heutigen Sprungtisch mit seiner größeren Fläche (Bild rechts), ist es einfacher die optimale Position zu treffen. Auch die Sprungbretter, die den Turnern den Absprung erleichtern, haben eine große Entwicklung durchgemacht. Heute sind sie mit Federn ausgestattet und ermöglichen so den Sportlern noch mehr Höhe.
Das zweite geschlechterübergreifende Gerät ist der Boden. Was einmal mit einer dünnen Turnmatte begann, ist heute der Moskau-/ Schwingboden. Bei diesem speziellen Gerät befindet sich unter der Turnmatte noch eine gepolsterte Schicht. Unter dieser wiederum eine Holzplatte, an der die Federn befestigt sind (siehe 2. Bild ganz oben).
Es gab auch früher schon die Unterteilung zwischen Bodenfläche (14 x 14 Meter) und Bodenbahn (14 Meter lang). Die Bodenfläche kommt in der Regel nur bei Wettkämpfen der höheren Klassen zum Einsatz.
Außer Sprung und Boden haben sich bis heute noch folgende Geräte ihren Platz beim Gerätturnen erkämpft. Bei den Männern Pferd, Ringe, Barren und Hochreck. Bei den Frauen Balken und Stufenbarren. Der "Kindereinstieg" in Stufenbarren und Hochreck ist das normale Reck. Auch bei diesen Geräten gab es viele Veränderungen, die vor allem die Gesunderhaltung der Turner fördern sollten und sollen.
In der Summe sind diese Verbesserungen in mehr Federung und Polsterung sicht- und spürbar. So schwingen zum Beispiel inzwischen die Holme der Barren deutlich mehr. Früher waren diese sehr starr. Beim Stufenbarren kann man heute den Abstand der beiden Holme zueinander mittels Kurbel auf bis zu 180 cm erhöhen. In den Anfängen turnten auch die Frauen auf dem "Männerbarren". Wobei hier nur die Höhe der Holme verändert werden konnte.
Durch die Optimierung und Verbessung der Geräte, stiegen auch die Anforderungen an die Turner und ihre Übungen.
Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen wurden die früher noch tänzerisch-akrobatischen Übungen immer komplizierter und waghalsiger. Die optimierten Geräte verliehen Sprüngen, Saltos, Schwung- und Flugelementen mehr Höhe und Kraft. Somit blieb mehr Zeit und Raum für komplexere Abläufe in der Luft und haarscharf abgestimmte Elementbausteine.
Doch neben den positiven Effekten einer höherwertigen Übung und dem "Wow-Effekt" für die Zuschauer, gibt es auch negative Aspekte der schwierigen Teilelemente. Die Verletzungsgefahr, zum Beispiel beim Fall aus großer Höhe mit viel Schwung, lässt sich nicht von der Hand weisen. Aber hierauf gehe ich in meinem Kapitel Schattenseiten näher ein.
Egal ob Barren, Balken, Sprung oder die anderen Geräte; die Turner wurden besser und schufen ihre eigenen Elemente. So zum Beispiel der "Biles". Ein doppelter Strecksalto mit halber Schraube am Boden. Benannt nach Simone Biles (linkes Bild, hier beim freien Rad auf dem Balken). Sie ist die momentan beste Turnerin der Welt. Erwähnen möchte ich auch noch den "Brettschneider". Ein Salto mit doppelter Schraube über die Hochreckstange. Benannt nach Andreas Brettschneider.
Das Verlangen nach höheren Punktzahlen und damit verbundenen Wettkampsiegen stieg immer mehr. Die optimalen körperlichen Voraussetzungen, um die hohen Anforderungen perfekt zu meistern, sind einfach erklärt. Ein Turner sollte nicht zu groß und möglichst leicht, dabei muskulös, sein. Ist er jedoch zu klein, erscheinen die Bewegungen schnell plump, was zu Punktabzug führen kann. Aus diesem Grund wurde leider auch in diesem wundervollen Sport mit nicht legalen Mitteln nachgeholfen, also der Spitzensportler "in Form gebracht".
Um im Gerätturnen ein Spitzensportler werden zu können, sollte möglichst früh begonnen werden. Im Idealfall im Alter zwischen 3 und 5 Jahren. Das galt früher wie heute.
Auch im Bezug auf die Kleidung hat sich im Kunstturnen viel getan. Die farbenfroh, glitzernden Turnanzüge sind aus der Turnwelt nicht mehr wegzudenken (Bild links Viktoria Listunova). Egal ob Strasssteine, Spitze oder glitzernder Stoff es gibt sie alle. Auch die Kleidung der Männer ist über die Jahre farbenfroher geworden.
Das war nicht immer so. Vor noch nicht einmal 20 Jahren waren Turnanzüge nur Mittel zum Zweck. Wichtig war, dass diese eng anliegen, damit die jeweiligen Wertungsrichter jeden noch so kleinen Fehler sehen konnten. Farbe spielte hierbei keine Rolle. Schlicht und funktionell sollte der Turnanzug sein. Frauen in kurzen Outfits, Männer an manchen ihrer Geräte sogar mit langer Hose mit Sohlensteg.
Bei Einzelwettkämpfen konnte sich früher wie heute jeder selbst aussuchen welchen Anzug er oder sie tragen möchte. Doch bei Teamwettkämpfen muss sich auf einen Turnanzug geeinigt werden, denn jeder Unterschied in der Mannschaft wirkt sich negativ auf die Wertung der Teamleistung aus. Hier sind sowohl gravierende Unterschiede, wie zum Beispiel eine andere Farbe der Kleidung, als auch kleinere, wie zum Beispiel die Socken eines Mannschaftsmitgliedes, welche an den Sohlen schon dreckig geworden sind, ausschlaggebend.
Die Ästhetik spielt heute, und spielte schon immer, eine große Rolle. Deshalb werden auch sämtliche Kleidungsstücke, die außer des Anzugs zu sehen sind, und sei es nur der Zipfel der Unterwäsche, mit Punktabzug bestraft. Egal ob bei Einzelwettkämpfen oder Teamwettkämpfen. Auf die Klasse des Wettkampfes wird hier natürlich auch eingegangen. In höheren Klassen gibt es eher Abzüge als in Einstiegsklassen.